Wie kommt man auf die Idee eine „100 km in 24 Stunden“ Wanderung zu organisieren, an was muss man bei der Planung alles denken, und wie verläuft eine solche Veranstaltung aus unserer Sicht als Veranstalter? Darauf möchten wir hier ein paar Antworten geben und aufzeigen, dass eine Organisation von 100 km Wanderungen ähnlich anstrengend sein kann als mitzulaufen.
Im Nachhinein ist es nicht leicht zu rekonstruieren auf welchen Wegen eine Idee geboren wurde. Wir schreiben das Jahr 2020, waren ein frisch gegründeter Verein, wollten etwas Verrücktes machen, und konnten wegen Corona fast nichts umsetzen was bedeutet hätte, dass eine größere Anzahl an Personen zusammen kommt. Was liegt näher, als mit einigen Dutzend „Verrückten“ (wir dürfen das sagen, viele von uns sind damals oder die Jahre darauf selbst mitgegangen) über 100 km von Sulzbach-Rosenberg ins tschechische Tachov zu wandern. Dass wir wegen Corona das Ziel „schon“ nach 83 km kurz vor die Grenze nach Bärnau vorverlegen mussten hat der Sache keinen Abbruch getan, ich denke viele waren dort froh nicht noch weitere 17 km marschieren zu müssen.
Uns war uns ist bewusst dass der Kreis derer, welche sich 100 km am Stück zu wandern zutrauen, in unserer ländlichen Gegend überschaubar bleiben würde. Da unser Vereins-Motto „Erlebnisse schaffen“ einem möglichst großen Kreis der Bevölkerung zugute kommen soll, beschlossen wir zusätzlich ein „50 km in 12 Stunden“ Event zu veranstalten.
Die „100 km in 24 Stunden“ nannten wir fortan Großer Schlackenmarsch, die „50 km in 12 Stunden“ analog Kleiner Schlackenmarsch, obwohl „Klein“ sicher Under-Statement ist wie jede(r) bestätigen wird, der nach 50 km die Ziellinie überquert. Und warum „Schlackenmarsch“? „Schlacken“ weil unser Verein so heißt, und der heißt deshalb „Schlacken“ weil es bei uns in Rosenberg einen Schlackenberg gibt, ein gewaltiger künstlicher Haufen Schlacke aus den Zeiten der Eisenerzverhüttung unserer Maxhütte. Und „Marsch“ weil das genau der richtige Ausdruck ist. Beim Wandern kann der Weg das Ziel sein, beim Marschieren ist das Ziel das Ziel, auch wenn der Weg dahin in unserem Landkreis Amberg-Sulzbach und den benachbarten Landkreisen meist sehr schön ist
Es ist ein gutes Stückchen Arbeit, einen 50 km oder 100 km Rundkurs zu finden der allen Anforderungen genügt: Start und Ziel in bzw. bei Sulzbach-Rosenberg, auf vornehmlich schönen Wanderwegen, so wenige Straßenquerungen wie möglich, alles auch nach einer längeren Regenperiode passierbar, mit Ortschaften für Verpflegungsstationen auf der Route, vor allem gegen Ende nicht zu große Anstiege und keine langen Strecken auf Asphhalt, und eben möglichst genau 50 bzw. 100 km. Hat man eine solche Strecke auf der Karte gefunden muss sie auch abgegangen werden um zu sehen ob die Realität dem verwendeten Routenplaner entspricht, da ergeben sich erfahrungsgemäß einige Iterationen bis die Strecke final steht.
Veröffentlicht wird sie aber erst wenige Tage vor der Veranstaltung: Es ist auf 50 oder 100 km immer möglich dass durch z. B. Baumfäll- oder Baumaßnahmen kurzfristig kleine Änderungen notwendig werden.
Die mittlerweile 500 Teilnehmer unseres Kleinen Schlackenmarsches brauchen ihren Platz, entsprechend groß muss der Startbereich (wo es auch Toiletten und Parkmöglichkeiten geben sollte) sein, und ebenso ausreichend die Kapazität im Zielbereich. Dort bedarf es auch einer gastronomischen Infrastruktur – sitzen, essen und trinken tut nach der langen gewanderten Strecke immer gut. Wenn Start- und Zielbereich nicht identisch sind versuchen wir eine Art Shuttle-Dienst zwischen beiden einzurichten sowie alle Teilnehmer zu bitten, gegenseitig Mitfahrgelegenheiten anzubieten. Kaum eine(r) hat im Ziel noch Lust, ein paar km zurück zu gehen …
Ohne ein professionelles Anmeldeportal mit den Möglichkeiten, sich für bestimmte Startblöcke einzuteilen und Optionen wie T-Shirts oder freiwillige Spenden zu wählen läuft heutzutage gar nichts. Und auch wenn es bei unseren Schlackenmärsche keine Wertung nach Zeit oder Platzierung gibt: Eine hübsche Startnummer und die Möglichkeit, im Ziel seine Netto-Zeit auf eine Urkunde gedruckt zu bekommen sehen wir als Wertschätzung unserer Teilnehmer. Wir arbeiten deshalb seit Jahren mit Fa. ZEITGEMAESS aus Kallmünz zusammen. Ein bedeutender Kostenfaktor einer Sportveranstaltung, aber das sind wir unseren Teilnehmern auf jeden Fall schuldig.
Man bräuchte einen großen und schweren Rucksack um auch bei heißem Wetter genug Flüssigkeit für eine 50 km oder gar 100 km Wanderung mitzuschleppen, und erst recht beim Großen Schlackenmarsch geht auch nichts ohne mehrmalige Nahrungszufuhr. Marschieren müssen unsere Teilnehmer schon selbst, aber wir wollen ihnen den Weg so angenehm wie möglich machen. Deshalb gibt es bei uns unterwegs mehrere Verpflegungsstationen. Inkl. Start und Ziel ca. fünf beim Kleinen Schlackenmarsch, und ca. neun beim Großen Schlackenmarsch. Da Erschöpfung und Flüssigkeits- sowie Kalorienbedarf während der km steigen, platzieren wir die Verpflegungsstationen zunehmend näher zusammen: Bei 100 km Marsch kommt die erste nach ca. 20 km, die letzte ca. 8 – 9 km vor dem Ziel.
Nach mehreren Jahren Schlackenmärsche haben wir auch ausreichend Erfahrung, was und wie viel unsere Teilnehmer nach welcher Strecke und zu welcher Tageszeit wünschen. Wasser und Schorle sowie Obst und Süßigkeiten gibt es eigentlich bei jeder Verpflegungsstation. Kuchen oder Deftiges, Suppe oder Brühe, Kaffee oder Cola sind dann die Extras bei bestimmten Stationen.
Wir sind sehr froh dass wir für die Organisation und Besetzung der Verpflegungsstationen Vereine aus den jeweiligen Ortschaften gewinnen konnten, dafür an dieser Stelle ein herzliches Danke-schön auch im Namen unserer Wanderer!
Wir stellen vor jedem Schlackenmarsch eine kleine Crew an Leuten mit Auto zusammen, die am Tag der Veranstaltung immer dann auf der Strecke zur Stelle sein können, wenn sie gebraucht werden. Sei es wenn jemand nicht mehr weiter wandern kann und keine andere Mitfahrgelegenheit hat bzw. findet, oder an einer Verpflegungsstation tatsächlich mal etwas auszugehen droht und Nachschub verlangt.
Ein sehr langer Tag für alle aus dem Orga-Team: Einige Stunden vor dem Start der Aufbau der Frühstücksstation im Startbereich, und nach dem letzten Finisher der Abbau im Zielbereich. Dazwischen im Einsatz an Verpflegungsstationen oder sonst wie unterwegs auf der Strecke. Beim Großen Schlackenmarsch kann es schon mal vorkommen, ohne eine Mütze Schlaf über 40 Stunden auf den Beinen zu sein. Aber wir jammern nicht, unsere Teilnehmer haben es ja auch nicht leichter …
Wenn beim Kleinen Schlackenmarsch 500 Wanderer innerhalb von 1 – 2 Stunden hungrig und durstig eintreffen, haben teilweise 6 – 8 Leute alle Hände voll zu tun. Und immer eine Auge darauf, notfalls Nachschub zu besorgen wenn etwas auszugehen droht: Denn was in welchem Umfang an Nahrung und Getränken nachgefragt wird ist erfahrungsgemäß im Vorfeld unmöglich abzuschätzen.
Übergabe der Finisher-Prämie (die Mütze beim Großen Schlackenmarsch, das Stirnband beim Kleinen Schlackenmarsch), Urkundendruck, aufmunternde Worte – auch hier sind einige Leute pausenlos im Einsatz. Aber gerade im Ziel erfahren wir teils im Minutentakt wie sehr unsere Teilnehmer den Einsatz wert schätzen, selten sieht man so viele zwar komplett erschöpfte aber ebenso glückliche Leute.
Auch wenn alle erst einmal gerne die Füße hochlegen würden: Wichtig ist es, die Veranstaltung dahin gehend zu analysieren was man im kommenden Jahr anders und besser machen könnte. Dazu zählen eigene Erfahrungen ebenso wie die Stimmen der Teilnehmer.
An dieser Stelle nochmals ein herzliches Danke-schön an alle Organisatoren und Helfer aus dem Verein, Bekanntenkreis und alle uns unterstützenden Organisationen!