Unser (Weihnachts-)Flohmarkt 2024
Eine Geige, viele Postkarten und die Frage, ob das Sounds in Berlin den Westen beeinflusste: Unser Flohmarkt am 19. Oktober 2024 mit Weihnachtsbasar im Saal.
Text und Fotos von Martin Franitza, Rosenbladl
Leichter Nebel sorgt am frühen Morgen beim Blick auf Siebeneichen für etwas Unschärfe. Auf dem Hof des Gasthauses Kreiner herrscht schon hektische Betriebsamkeit. Tische werden aufgestellt. Was zuvor aus voll beladenen Autos herausgeholt wurde, verteilt sich nun auf und um die Tische. Erste Kaufinteressenten suchen mit Kennerblicken nach Schnäppchen.
Der monatliche Flohmarkt in Siebeneichen von März bis November hat sich nun bereits im dritten Jahr etabliert. Entstanden ist er während der Zeit, als noch Corona-Regeln galten und Flohmärkte an sich verboten waren, Hofflohmärkte aber bei einer rausgeschilderten Einbahnregelung erlaubt waren. Peter Ostermann machte seiner Frau, eine regelmäßigen Flohmarktgängerin, eine große Freude, als er den ersten Hofflohmarkt zusammen mit einigen Ausstellern organisierte. Das Konzept einer gemütlichen, stressfreien Veranstaltung mit familiärem Charakter war aufgegangen und ist heute auch das Aushängeschild der Zusammenkunft. Neben dem Flohmarkterlebnis gibt es im Gasthaus Kreiner Weißwurstfrühstück, Saure oder Kaffee und Kuchen mit den sensationellen Torten von Ingeborg Kreiner. So reisen manche Besucher auch wegen des reichhaltigen Tortenangebotes an.
Die ersten Aussteller am frühen Morgen sind Alice Wolf und Annie Bridding aus Neukirchen. Sie kommen regelmäßig nach Siebeneichen. Die Zahl 80 bei der Altersangabe haben beide schon längst überschritten. Ihnen gefällt hier der familiäre Charakter, das monatliche Treffen mit Bekannten und nette Gespräche mit Besuchern.
Christine Wolter ist aus Ebermannsdorf angereist. Sie ist zum ersten Mal hier und ist überrascht von der unbeschwerten Stimmung und dem ungezwungenen Miteinander. „Hier kann man seinen Stand auch mal alleine lassen, ohne dass man nach der Rückkehr vor einem leeren Tisch steht!“ Den Einfluss von berlinerischer Mundart kann sie nicht ganz verbergen. Als 18-Jährige wanderte die geborene Ambergerin in die Enklave Berlin aus. Einem Gespräch über die Berliner Discoszene in den 70er und 80er Jahren ist sie nicht abgeneigt. Fast philosophisch ist die Diskussion, ob die Drogenhölle „Sounds“, Mittelpunkt des autobiographischen Romans „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“, einen Einfluss auf die Jugend außerhalb Berlins oder vielleicht sogar auf einen selbst hatte. Vor 10 Jahren kehrte Christine Wolters in die Oberpfalz zurück. Den Flohmarkt in Siebeneichen charakterisiert sie mit zwei Worten: „Keine Großstadthektik!“
Christine und Lisa Gebhardt sind Besucher des Flohmarkts. So kommen gerade aus Amberg. Dort hatten sie den Flohmarkt auf dem Dultplatz besucht. Sie sind auf der Suche nach allem Möglichen, vor allem aber nach selbstgestrickten Trachtenwesten. „Ja, gestrickte Trachtenwesten findet man ab und zu, der Preis liegt je nach Arbeitsaufwand und Qualität bei 10 bis 15 Euro“, erklärt Christine Gebhardt und lässt sich das Weißwurstfrühstück schmecken.
Dem Thema Stricken widmet sich auch Gabi Herteis aus Freyung. Sie nutzt die Zeit am Stand und strickt eine Mütze. „Die ist für meinen Enkel in Australien“, erklärte sie und lässt mit flinken Bewegungen Masche für Masche die Nadeln tanzen. Ihre Tochter sei vor 10 Jahren bei ihrer Work-&Travel-Zeit in Australien geblieben. Dort kann es auch kalt werden, wie sie am eigenen Leib bei einem Besuch vor Jahren erfahren musste.
Das Warenangebot in Siebeneichen ist vielfältig und bunt mit dem Schwerpunkt „Alles, was man nicht mehr braucht“ und Haushaltsauflösungen. So manches Schnäppchen lässt sich hier noch machen. Gewerbliche Anbieter fehlen. Peter Ostermann befürchtet, dass dann der familiäre Charakter des Flohmarkts leiden und die Preise steigen würden. „Unser Unkostenbeitrag für einen Tisch mit 4 Metern beträgt nur 10 Euro, Kinder bis 1 Meter Frontfläche sind frei.“ Den Beitrag zahlen die Aussteller gerne, denn ersten sind es vergleichsweise geringe Kosten und zweitens wird das Geld einer Spende zugeführt. Der Flohmarkt ist eine Sparte des Schlackenvereins, der als gemeinnütziger Verein alle Erlöse für soziale Zwecke spendet. Der Kreiner-Hof mit der angrenzenden Wiese bietet Platz für etwa 30 Aussteller. Derzeit wird überlegt, wegen der großen Nachfrage die Stellfläche etwas zu erweitern.
Lydia Heinlein aus Ansbach hat wohl die weiteste Anreise. Sie ist zusammen mit ihrer Schwester Hedwig Jotz aus Amberg hier. Sie verbindet den Familienbesuch mit dem Flohmarkt. Beide schätzen die schöne Location und die günstigen Preise. Eine gut erhaltene Geige findet zwar viel Interesse, aber dieses Mal keinen Käufer.
Den Unterstellplatz für das Privatauto der Wirtsfamilie Kreiner haben sich Michaela Wirth und Jürgen Graf geschnappt. Sie sind Stammaussteller und von Anfang an fast jedes Mal dabei. Ein Dutzend neue Weihnachtskugeln haben sie nicht verkaufen können. Michaela bringt sie in den Saal des Gasthauses. Dort hat die Ist-noch-gut-Station einen Basar mit Weihnachtsartikeln aufgebaut. Das Interesse ist groß, so dass auch im November der Basar geöffnet sein wird.
Neben dem Eingang zum Gasthaus hat Peter Bartmann seinen kleinen Stand aufgebaut. Sein Metier sind alte Postkarten, Briefe und Fotografien. Er hat ausschließlich Belege aus Ortschaften der Umgebung dabei. Ein paar alte Postkarten mit Motiven der Herzogstadt wechseln den Besitzer. Bartmann ist seit vielen Jahren passionierter Sammler. Er erinnert sich gerne an die Zeit, als in Sulzbach von den Briefmarkenfreunden noch regelmäßig große Ausstellungen organisiert wurden. Vom damaligen Vorsitzenden Konrad Frühling wurde seine Sammelleidenschaft maßgeblich beeinflusst.
Gegen Mittag wird es wieder ruhiger. Einige Aussteller packen schon langsam zusammen. Andere verschwinden im Gasthaus zum Mittagessen, vielleicht auch zum Aufwärmen. Die meisten sind zufrieden. Die Frage, ob es ein erfolgreicher Markttag war, beantwortet Markus Pohl so: „Ich bin immer zufrieden. Meine Standgebühr habe ich rein bekommen und ich habe viele tolle Gespräche geführt!“
Eindrücke vom Weihnachtsbasar im Saal